Pressemitteilung
IGMG kritisiert Äußerungen von Bundeskanzlerin Merkel
05. Oktober 2010„Frau Merkel hat mit Ihrem heutigen Auftritt dem eindringlichen Appell von Bundespräsident Wulff, kulturelle Vielfalt zu achten, keine 24 Stunden später einen Bärendienst erwiesen.
Während Wulff erst gestern dazu aufrief, die kulturelle Vielfalt in Deutschland zu achten und insbesondere die Zementierung von Vorurteilen und Ausgrenzungen gegenüber den Migranten nicht zuzulassen, bedient sich Frau Merkel leider gerade dieser Vorurteile, um ihr Bekenntnis zum Konservatismus zu unterstreichen.
Wenn die Bundeskanzlerin sagt, „das Bild des Islam sei in Deutschland stark durch die Scharia, eine fehlende Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bis hin zu Ehrenmorden geprägt.“, dann vergisst sie, dass es insbesondere Mitstreiter aus ihren eigenen Reihen waren und sind, die in ihrem Bemühen, ein vermeintlich konservatives Profil zu schärfen, mit Stereotypen und durch nichts gerechtfertigte Verallgemeinerungen herausragen, um diese Prägung aufrecht zu erhalten.
So fördert die permanente Aufforderung an die Muslime zur uneingeschränkten Orientierung an den Grundwerten und am Grundgesetz nur bestehende Vorurteile über sie. Äußerungen dieser Art nähren gerade Zweifel an ihrer Verfassungstreue und heizen damit die antimuslimische Stimmung in Deutschland weiter an. Dann darf man sich auch nicht darüber wundern, dass die Ängste in der Bevölkerung zunehmen. Es ist jedoch deprimierend, wenn die Muslime dann auch noch für den zunehmenden Alltagsrassismus in Deutschland verantwortlich gemacht werden. Nichts anderes suggeriert man mit der Aussage, ein Islam, der sich unseren Grundwerten verpflichtet fühlt, sei willkommen, ansonsten würden die Ängste in der Bevölkerung zunehmen.
Anstelle die Muslime als Projektionsfläche für ein vermeintlich konservatives Profil zu missbrauchen und „Othering“ zu betreiben, wäre es doch sinnvoller, deutlich zu machen, was Frau Merkel meint, wenn sie von unseren Grundwerten spricht. Dass damit mehr als die Verfassungswerte gemeint sind und auch mehr als das Erlernen der deutschen Sprache gemeint ist, und eigentlich wieder eine leidige Leitkulturdebatte in einem anderen Gewand daherkommt, ist offensichtlich.
Die Äußerungen von Bundeskanzlerin Merkel sind beispielhaft für den intellektuellen Zustand der Konservativen in Deutschland. Anstelle konservative Werte positiv zu bestimmen und zu vermitteln, so wie es der Bundespräsident in seiner gestrigen Rede beispielhaft vorgezeigt hat, bemüht man sich der politischen Konstruktion der Bedrohung durch den Islam und beschreibt vermeintliche Defizite, um das Wunschbild des Eigenen über die Projektion zu Lasten des Anderen zu stärken.“