Freitagspredigt
Hutba: Nasîha
13. Dezember 2019Verehrte Muslime!
In unserer Beziehung zu unseren Eltern, Ehepartnern oder Kindern gibt es manchmal schwierige Zeiten. Manche Beziehungen können sogar zu ernsthaften Problemen werden. In solchen Fällen bringt es nichts, wenn wir die Schuld nur bei unserem Gegenüber suchen. Wir erfreuen nur den Schaytân, wenn wir den Fehler machen, uns mit den Schwächen anderer zu beschäftigen, und blind sind für unsere eigenen Fehler. Damit sich unsere Beziehung verbessert, muss nicht nur unser Gegenüber an seinen Fehlern arbeiten. Das Ganze beruht auf Gegenseitigkeit.
Liebe Geschwister!
Immer, wenn ein Muslim eine schwierige Phase durchlebt, sollte er sein Handeln kritisch hinterfragen und einsichtig sein. Im Koran heißt es: „Gewiss, Allah verändert die Lage eines Volkes nicht, solange sie sich nicht selbst innerlich verändern. Wenn Allah ein Volk leiden lassen will, dann kann niemand es abwenden, und außer ihm haben sie keinen Beschützer“[1] Das heißt: Jede Veränderung beginnt zunächst bei uns selbst. Wer sich aufrichtig mit seinen eigenen Fehlern auseinandersetzt, dem wird Allah auch die Gabe verleihen, die eigenen Fehler zu erkennen und Einsicht zu zeigen. Wenn wir von unserem Gegenüber gewisse Verhaltensweisen erwarten, müssen wir diese zunächst einmal selbst verinnerlichen. Die Augen sind das Tor zum Verstand. Gutes Benehmen und Gutmütigkeit sind in jedem Fall ansteckend. Mit anderen Worten: Die Art und Weise wie wir uns verhalten, beeinflusst früher oder später auch das Verhalten unseres Gegenübers.
Verehrte Muslime!
In einem Koranvers heißt es: „Damit aus euch eine Gemeinde wird, die zum Guten einlädt, das Rechte gebietet und das Unrechte verbietet. Sie sind es, denen es wohl ergehen wird.“[2]
An dieser Stelle werden wir an eine unserer Hauptaufgaben als Muslime erinnert. Unser Prophet sagte: „Religion ist guter Ratschlag!“[3] Wenn wir an unseren eigenen Fehlern arbeiten, gleichzeitig aber auch das Bedürfnis verspüren, einen Fehler unseres Gegenübers zu verbessern, dann sollten wir stets im Hinterkopf haben, dass Allah derjenige ist, der unserem Gegenüber und überhaupt allen Menschen ihren Wert verleiht. Allahs Geschöpfen Respekt zu zeigen bedeutet Allah Respekt zu erweisen. Niemand hat das Recht, die gottgegebene Würde eines Menschen zu verletzen. Kritik wirkt entmutigend, Wertschätzung hingegen ermutigt. Wenn wir auch das, was uns am Verhalten unseres Gegenübers gefällt, aussprechen, wird es zunehmen.
Liebe Geschwister!
Wenn sich die Haltung und Einstellung eines Menschen ändert, verändern sich auch seine Verhaltensweisen und Handlungen. Deshalb sollten wir uns gegenseitig aufrichtig und aufmerksam zuhören. Wir sollten beobachten, welche Gefühle und Gedanken bei unserem Gegenüber positive Reaktionen auslösen. Dazu müssen wir unser Gegenüber aber auch richtig verstehen wollen. Denn Menschen, die sich verstehen, können am ehesten Verständnis füreinander aufbringen. Wir müssen versuchen, unsere Beziehungen zu pflegen, indem wir Geduld und Aufrichtigkeit zeigen und lösungsorientiert in die Zukunft blicken. Keinesfalls dürfen wir uns an Vergangenem festklammern. Wenn wir versuchen, gut zu sein, wird es uns Allah ermöglichen. Er ist derjenige, der die Herzen aller hin und her wendet, und nur Allah allein kann unser Bemühen segnen.
Möge Allah uns ermöglichen, erst uns selbst und dann unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen zu verbessern.
[1] Sure Râd, 13:11
[2] Sure Âli Imrân, 3:104
[3] Muslim, Îmân, 23, Hadith Nr. 55