Freitagspredigt
Hutba: Das Recht der Geschwisterlichkeit
21. August 2019Verehrte Muslime!
Die Muslime umschließt ein Band der Geschwisterlichkeit. In der Sure Hudschurât heißt es: „Die Gläubigen sind Geschwister. Darum stiftet Frieden unter euren Geschwistern. Und seid gottesfürchtig, damit ihr Barmherzigkeit findet.“[1] Das wichtigste Merkmal dieser Geschwisterlichkeit ist demnach die allseits sichtbare, alltägliche Zuneigung unter Muslimen. Um dies zu betonen sagte unser Prophet: „Ich schwöre bei dem, in dessen Hand meine Seele ist! Ihr kommt nicht ins Paradies, bis ihr wahrhaft glaubt; und ihr werdet nicht glauben, bis ihr einander liebt. Soll ich euch etwas sagen, das dazu führt, dass ihr einander liebt, wenn ihr es tut? Verbreitet den Friedensgruß unter euch.“[2] Aus diesem Hadith geht hervor, dass die Zuneigung unter den Muslimen eine wichtige Bedingung für die Zufriedenheit Allahs und ein Zeichen des aufrichtigen Glaubens ist.
Liebe Geschwister!
Mit Geschwisterlichkeit ist natürlich auch eine gewisse Verantwortung verbunden. Unser Prophet sagte: „Solange ihr für eure Geschwister nicht das wünscht, was ihr für euch selbst wünscht, seid ihr keine aufrichtigen Gläubigen.“[3] Dieses besondere Verhältnis geht sogar so weit, dass ein Muslim seine Geschwister sich selbst vorzieht. So haben wir es jedenfalls von den Sahâbîs, den Prophetengefährten, gelernt. Sie sind ein wichtiges Vorbild für uns Muslime der heutigen Zeit; eine Zeit, die leider oft von Egoismus geprägt ist.
Verehrte Muslime!
Alle Muslime sind, unabhängig von ihrer Hautfarbe, Sprache und ethnischen Herkunft, Geschwister im Glauben. Unser Prophet beschrieb diese Geschwisterlichkeit, indem er die Finger seiner Hände verschränkte und sagte: „Der Gläubige ist dem Gläubigen wie ein Mauerwerk: Ein Teil davon stützt den anderen.“[4] Ein anderes Mal erklärte er: „Beneidet euch nicht. Betrügt nicht beim Handel. Kehrt euch nicht den Rücken zu […] O Diener Allahs! Seid Geschwister. Muslime sind Geschwister, sie tun einander kein Unrecht, lassen niemanden im Stich und schauen nicht aufeinander herab.“ Anschließend zeigte er dreimal auf seine Brust und sagte dabei: „Takwâ ist hier. Es soll niemand einen anderen Muslim verächtlich ansehen. Alles, was einem Muslim gehört, sein Leben, sein Besitz und seine Ehre ist für einen anderen Muslim verboten.“[5]
Es gehört zu den Notwendigkeiten der islamischen Geschwisterlichkeit, das Leid der Glaubensgeschwister zu teilen, egal wo sie leben. Gleichgültigkeit und Desinteresse gegenüber den Belangen der Umma sind eine große Unachtsamkeit. Wer so handelt, sollte seinen Îmân prüfen.
Liebe Geschwister!
Ein Grund für die ungelösten Konflikte in der islamischen Welt ist, dass wir uns von der gottgewollten Geschwisterlichkeit entfernt haben. Unser Prophet sagte: „Es ist einem Muslim nicht erlaubt, seine Geschwister länger als drei Tage zu meiden.“[6] Es ist also Allahs Wille, dass wir uns versöhnen. Wenn wir die Geschwisterlichkeit der Sahâbîs wiederbeleben, werden die Tore der Barmherzigkeit und des Segens für uns geöffnet werden.
Möge Allah uns wahre Geschwisterlichkeit erleben lassen. Möge er uns zu den Vorreitern dieser Geschwisterlichkeit gehören lassen. Âmîn.
[1] Sure Hudschurât, 49:10
[2] Muslim, Îmân 93-94; Tirmizî, At’ima 45
[3] Buhârî, Îmân, 7; Muslim, Îmân, 71
[4] Buhârî, Salât, 88, Hadith Nr. 481; Muslim, Birr, 17, Hadith Nr. 2585
[5] Muslim, Birr, 10, Hadith Nr. 2564
[6] Buhârî, Adab, 57, 62; Muslim, Birr, 26