Freitagspredigt
Hutba: Ausgewogener Konsum
14. Juli 2022Verehrte Muslime!
Konsum ist Ausdruck des sozialen Status. Durch die neuen Medien ist übermäßiger Konsum selbstverständlich geworden. Man denkt sich: „Ich verdiene Geld, also kann ich es ausgeben, wie es mir gefällt.“ Die Folgen sind: Verschwendung, Vergeudung von Ressourcen und Verantwortungslosigkeit. Jedes Jahr wird ein Drittel der erzeugten Lebensmittel, also 1,3 Milliarden Tonnen, verschwendet. Alleine die Lebensmittel, die in Amerika und Europa verschwendet werden, reichen aus, um dreimal die ganze Weltbevölkerung zu ernähren.
Liebe Geschwister!
Gedankenloser Konsum – beim Essen, Trinken, Kleidung oder Mediengebrauch – bedeutet, dass wir unser Gleichgewicht verloren haben. Das gilt auch für unsere Gesundheit und unsere Zeit. Im Schnitt verbringen wir 6 Stunden am Tag im Internet, oft mit nutzlosen Dingen. Dabei sind all unsere Möglichkeiten Gaben Allahs. Unser Ziel sollte sein, das uns Anvertraute maßvoll einzusetzen. Im Koran heißt es: „Und diejenigen, die beim Spenden weder verschwenderisch noch geizig sind, sondern die richtige Mitte dazwischen einhalten.“[1]
Unser Konsum hat Einfluss auf unsere Identität. Imam Gazâlî sagt: „In dem Maße auszugeben, was von der Religion, der Tradition und den Menschen als nötig angesehen wird, ist Großzügigkeit. Weniger als das auszugeben ist Geiz und mehr auszugeben ist Verschwendung.“[2] Verschwendung ist eine Respektlosigkeit gegenüber Allah, der ar-Razzâk, Besitzer aller Gaben ist. Uns obliegt, sorgsam und verantwortungsvoll mit Allahs Gaben umzugehen.
Verehrte Muslime!
Viele Menschen legen großen Wert auf Sichtbarkeit. Sie arbeiten mehr, um mehr verschwenden zu können. Gleichzeitig verschwenden sie ihre spirituellen Werte und verlieren den Sinn ihres Lebens aus den Augen. Abdullah ibn Amr (r) erzählte: „Eines Tages, als Sa’d ibn Abî Wakkas seine Gebetswaschung vornahm, kam der Gesandte Allahs vorbei. ‚Wieso diese Verschwendung?‘, fragte er. ‚Kann man bei der Gebetswaschung verschwenderisch sein?‘, fragte Sa’d. „Ja, auch wenn du deine Gebetswaschung an einem Fluss vornimmst, kannst du Wasser verschwenden“, antwortete der Prophet (s).“[3]
Liebe Geschwister!
Die genannten Maßstäbe gelten auch, wenn wir im Urlaub sind. Hunger, Armut und Ressourcenknappheit nehmen weltweit zu. Es ist unsere Pflicht, auch bei unseren Ausgaben an die Zukunft zu denken. Nichts von dem, was uns gewährt wurde, sollte maßlos verschwendet werden. Auch unsere Zeit sollten wir sinnvoll nutzen, denn wir werden für die Zeit und die Gesundheit Rechenschaft ablegen. Wenn man sich beim Konsum nicht mäßigt, dann geht der Segen des Lebens verloren. Der Frieden in der Gesellschaft wird dadurch gestört und die Menschen schaden, sowohl sich selbst als auch den nächsten Generationen. Alles Weltliche ist begrenzt, unsere Begierden und Wünsche jedoch haben kein Ende.
Möge Allah es uns erleichtern, seine Gaben im rechten Maß zu nutzen und sein Wohlwollen zu erlangen.
[1] Sure Furkân, 25:67
[2] Ihyâ Ulûm ad-Dîn, 3/259-260
[3] Ibn Mâdscha, Tahâra, 48