Freitagspredigt
Hutba – Sich den Alten annehmen
06. Juni 2008Verehrte Muslime,
wenn wir von alten Menschen sprechen, erinnern wir uns in erster Linie an unsere Eltern und dann an unsere älteren nahen und entfernten Verwandten. Diese Menschen sind es, die die Grundsteine für unsere Familien gegeben haben. Eines der fünf Dinge, die unsere Religion unter Schutz nimmt, sind die Generationen. Der Mensch ist das Wesen, das die größten Mühen auf sich nimmt, um seien Generation zu schützen. Der Mensch ist, obwohl es den anderen Lebewesen überlegen ist, nach seiner Geburt völlig hilflos. Nur unter dem Schutz seiner Eltern, die dabei viele Probleme bewältigen müssen, kann er heranwachsen. Insbesondere die Mütter, die ihre Kinder lange Zeit in sich tragen, haben mit vielen Strapazen zu kämpfen und sind manchmal sogar lebensgefährlichen Situationen ausgesetzt. Sie sind es, die viele Abstriche machen müssen, um das Neugeborene zu verpflegen. Indes hat der Vater die Pflicht, seine Familie zu versorgen. Diese schwere Beschäftigung kann in unterschiedlicher Form zwanzig oder dreißig Jahre andauern oder sogar ein Leben lang bestehen.
Verehrte Geschwister,
aus diesen Gründen, und um auf die Rechte der Eltern hinzuweisen, werden im Koran der Gottesdienst (Ibâda) und die Dankbarkeit gegenüber den Eltern in einem Atemzug genannt: „Wir legten dem Menschen Güte gegen seine Eltern an das Herz. Seine Mutter trug ihn von Schwäche zu Schwäche, und seine Entwöhnung dauert zwei Jahre. (Allah sagt:) „Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist der Heimgang.“ [31:14] Zu den Rechte der Eltern gehören unter anderem, dass man ihnen Respekt erweist, sie gut behandelt, ihre materiellen Bedürfnisse deckt, ihr Wohlwollen erwirbt, nichts Schlechtes zu ihnen sagt, ihrer nach ihrem Tod gedenkt und für sie betet. Die Kinder haben die Verpflichtung, die Wünsche der Eltern zu erfüllen, solange diese nicht im Bereich des Verbotenen liegen, wobei in den folgenden Versen die Grenzen dieses Gehorsams aufgezeigt werden: „Und Wir geboten dem Menschen Güte gegen seine Eltern. Doch wenn sie dich dazu bringen wollen, Mir an die Seite zu setzen, wovon du kein Wissen hast, dann gehorche ihnen nicht. Zu Mir ist euere Heimkehr; dann werde Ich euch vorhalten, was ihr (alles) getan habt.“ [29:8] „Dein Herr hat bestimmt, dass ihr Ihn alleine anbeten sollt und dass ihr gegen euere Eltern gütig seid, auch wenn der eine von ihnen oder beide bei dir ins hohe Alter kommen. Sag daher nicht „Pfui!“ zu ihnen und schelte sie nicht, sondern rede mit ihnen auf ehrerbietige Weise. Und bedecke sie demütig mit den Flügeln der Barmherzigkeit und bitte: „O mein Herr! Erbarme dich beider so (barmherzig), wie sie mich aufzogen, als ich klein war!“ [17:23][17:23] „Sie fragen dich, was sie spenden sollen. Sprich: „Was immer ihr an Gutem spendet, das sei für die Eltern und die Verwandten und die Waisen und die Armen und den Reisenden. Und was immer ihr an Gutem tut, fürwahr, Allah weiß es.“ [2:215]
Als der Gesandte Gottes Muhammad (sav) dreimal „Schande über ihn!“ sagte, fragten seine Gefährten: „Wer ist diese Person, o Gesandter Gottes?“ Der Gesandte Gottes antwortete: „Derjenige, dessen Eltern (bei ihm) alt wurden, der aber nicht ins Paradies kam, sondern in die Hölle.“ (Muslim, Bir, 9) In einem anderen Hadîth heißt es: „Wenn der Mensch stirbt, wird sein Buch geschlossen. Nur diese drei Dinge werden danach weiterhin belohnt: die Spende, das Wissen, von dem andere Menschen profitieren und das Kind, das für einen betet.“ (Buchârî, Adabul Mufrad, 19)
Verehrte Muslime,
wie aus den Versen und Hadîthen zu entnehmen ist, befiehlt Allah, die Eltern mit dem größtmöglichen Respekt zu behandeln und ihnen nicht einmal „Pfui!“ zu sagen, wie es im Vers heißt. Wir müssen uns davor hüten, etwas zu sagen, das sie verletzen könnte, müssen alles unternehmen, um ihre Zufriedenheit zu erlangen und sie pflegen, wenn sie erkranken. All diese Handlungen eröffnen uns die Tore zum Paradies. Obwohl dies so ist, hat die Moderne auch die Muslime beeinflusst. Wo früher drei Generationen in Einklang unter einem Dach zusammenlebten, wurde vergessen, dass das Paradies „unter den Füßen der Mütter“ liegt, und dieses Zusammenleben sträflich vernachlässigt. Einige Studien, die von Menschenrechtsorganisationen und Stiftungen vorgenommen wurden, stellten fest, dass entgegen der Sensibilität hinsichtlich den Rechten von Frauen und Kindern, die Rechte alter Menschen nicht wahrgenommen werden. Andere Studien stellen fest, dass sich alte Menschen in Seniorenheimen nicht glücklich fühlen und lieber in häuslicher Umgebung leben würden. So sollten wir uns um unsere Eltern kümmern, sie in unseren Häusern beherbergen, wenn sie in unserer Nähe leben und alles tun, um ihre Bedürfnisse zu decken, wenn sie in der Ferne leben. In diesem Sinne sollten wir auch unsere Kinder erziehen, denn eines Tages werden wir diejenigen sein, die auf ihre Hilfe angewiesen sind. Wir müssen unseren Kindern beibringen, Jüngere mit Zuneigung und Ältere mit Respekt zu behandeln und ihnen in dieser Hinsicht ein gutes Vorbild sein. Wir möchten die Hutba mit zwei Hadîthen beenden. Der Gesandte Gottes sagte: „Allah hat euch den Ungehrosam gegenüber euren Müttern, „¦ verboten.“ (Buchârî, Adab, 4) „Das Wohwollen Allahs liegt im Wohlwollen des Vaters und sein Zorn liegt im Zorn des Vaters.“ (Buchârî, Adabul Mufrad, 1; Tirmizî, Bir, 3)
IGMG Irschad-Abteilung