Freitagspredigt
Hutba – Eine prophetische Tradition: İtikâf
19. August 2011Verehrte Muslime,
bei den meisten der im Koran erwähnten Propheten spielt das tiefe Nachdenken in der Zurückgezogenheit eine wichtige Rolle. Diese Tradition endete mit dem „Siegel der Propheten“, Muhammad (saw). Unser Prophet zog sich zunächst regelmäßig in die Höhle Hira zurückzog, um sich dem Gedenken Gottes zu widmen. Später führte er diese Tradition in der Moschee fort. Diese Tradition nennt man İtikâf. Somit ist der İtikâf, also das Zurückziehen an einen Ort, um sich dort Gottesdiensten (Pl. Ibâdât) hinzugeben, eine uralte Tradition der Propheten und hat im Ramadan einen ganz besonderen Segen.
Der arabische Begriff „İtikâf“ bedeutet, „sich an einen Ort binden, sich niederlassen“. Im religiösen Kontext meint es, „der Welt seinen Rücken kehren“ und „sich für das Verrichten von Gottesdiensten in der Moschee aufhalten“. Dies in den letzten zehn Tagen des Ramadans zu tun ist eine Sunna. Wenn der Begriff „İtikâf“ fällt, denkt man ohnehin direkt an das Verweilen in der Moschee an den letzten zehn Tagen des Ramadans. Aber es ist auch sonst möglich, in der Moschee für einige Stunden oder Tage mit der Absicht des İtikâfs zu verweilen.
Verehrte Geschwister,
İtikâf bezeichnet die Zurückgezogenheit, Einsamkeit und das Bestreben, mit Allah allein zu sein. Dies tut der Mensch, um sich von der Welt abzukehren und sich nur seinem Schöpfer hinzugeben. So entfernt man für eine bestimmte Zeit von der Familie, seinem Heim, der Arbeit u.ä. und widmet sich der Beziehung zu dem Schöpfer. In der Moschee wird die Zeit mit dem Gedenken an Allah (Zikr), dem Lobpreisen Allahs (Tasbîh) und dem tiefen Nachsinnen (Tafakkur) ausgefüllt. Auf diese Weise wird der Durst der Seele gestillt. Denn tatsächlich braucht nicht nur der Körper, sondern vor allem die Seele gelegentlich eine solche Zurückgezogenheit. Wie wichtig der İtikâf ist, zeigt uns, dass der Prophet Muhammad (saw), noch bevor er von seiner Prophetschaft erfuhr, sich vor allem regelmäßig im Ramadan in die Höhle Hira auf dem Berg Nur zurückzog und dort tage- und nächtelang blieb.
Trotz seiner viele Aufgaben und Pflichten vernachlässigte der Gesandte Allahs diesen Gottesdienst nie. Besonders in Medina verbrachte er die letzten zehn Tage des Ramadans in der Prophetenmoschee. Seine Ehefrau Aischa (ra) sagt: „Der Gesandte Allahs war an den letzten zehn Tagen des Ramadans besonders eifrig. Er nutze die Nacht und weckte die ganze Familie, um Gottesdienste zu verrichten.“ (Buchârî) Auch sagt sie: „Der Gesandte Allahs führte den İtikâf in den letzten zehn Tagen des Ramadans bis zu seinem Tode fort. Nach ihm führten seine Frauen diese Sunna fort.“ Dass der İtikâf eine uralte Tradition ist, zeigt uns auch dieser Koranvers: „Und als wir das Haus zu einem Versammlungsort für die Menschen und einem Asyl machten und (sprachen:) „šNehmt Abrahams Stätte zum Ort des Gebets‘ und wir Abraham und Ismael verpflichteten: „šReinigt mein Haus für die es Umwandelnden und darin Verweilenden und die sich Beugenden und Niederwerfenden.„ (Sure Bakara, [2:125])
Geschätzte Geschwister,
der İtikâf ist eine Annäherung an Allah. Daher sollte er aus innerem Verlangen und reiner Absicht heraus gemacht werden. Er beruhigt die Seele, führt zu geistiger Ausgewogenheit und erinnert den Menschen an seine Geschöpflichkeit und Abhängigkeit von dem Allmächtigen. Der İtikâf ist eine Erinnerung daran, dass der Tag, an dem er sein Hab und Gut, seine Familie und alles andere hinter sich lassen wird, kommen wird und er zurück zu seinem Schöpfer kehren wird. Diese Zurückgezogenheit ist eine Reinigung, die der Mensch gewiss fühlt.
Somit laden wir in diesem Ramadan all unsere Geschwister zum İtikâf ein. Womöglich kann das nicht für alle realisierbar sein, doch sollten wir zumindest die Kadr-Nacht, die 27. Nacht des Ramadans, im İtikâf verbringen. Lasst uns diese Nacht mit dem Gedenken an Allah, Lobpreisungen und Dank verbringen und die uns gegebene Möglichkeit so gut es geht auskosten. Und dies bestenfalls mit der gesamten Familie in der Moschee. Möge der Frieden Allahs über all unseren Geschwistern ruhen, die den İtikâf beabsichtigen oder sich bereits zurückgezogen haben.
IGMG-Irschadabteilung