Freitagspredigt

Hutba – Die Eroberung der Herzen

28. Mai 2010

Verehrte Muslime,

in der Geschichte der Menschheit gibt es Ereignisse, deren Folgen bis in unsere Zeit hineinwirken. Die Eroberung Istanbuls gehört zu diesen historischen Ereignissen. Schon unser Prophet hat auf die Bedeutung der Eroberung hingewiesen, als er sagt: „Ohne Zweifel, Istanbul wird erobert werden. Welch ruhmreicher Kommandant ist dieser Kommandant, welche ruhmreiche Armee ist diese Armee.“ (Ahmad bin Hanbal, Bd. 4, 335) Angefangen von der Zeit der Prophetengefährten bis zum 29. Mai 1453 hat es zahlreiche Versuche gegeben, diese bedeutende Stadt einzunehmen. Erobert wurde sie aber schließlich von einem der wichtigsten Herrscher unter den Osmanen, Sultan Mehmet Han. Seit dem ist Sultan Mehmet Han unter dem Namen „Fatih“, also „Eroberer“ bekannt.

Verehrte Geschwister,

das Wesentliche bei der Eroberung Istanbuls, der wir heute gedenken, sind sicherlich nicht die zahlreichen Eroberungsversuche. Vielmehr ist es der Geist und die Absicht, die hinter diesem Ereignis steckt. Gemäß den Quellen unserer Religion ist es nicht erlaubt, eine Stadt oder ein Land einzunehmen, nur um das eigene Territorium zu vergrößern und den politischen Einflussbereich zu erweitern. Dieselben Grundlagen des Islams verbieten auch, die eroberte Stadt bzw. das Land in despotischer Weise zu regieren, die Menschen zu versklaven und ihre Schätze zu plündern. Aus diesem Verständnis heraus, ist die Eroberung vielmehr als Mittel zur Befreiung von Ländern, die unter Unterdrückung und Ungerechtigkeit leiden. So ist Fatih Sultan Mehmet, nachdem Istanbul eingenommen wurde, geradewegs in die Hagia Sophia gegangen, in der viele verängstigte Bewohner Schutz suchten. Als er sah, dass sich einige der Geistlichen und anderen Anwesenden vor ihm niederwarfen, beruhigte er sie, indem er sagte: „Steht auf! Ich, Sultan Mehmet Han, Sohn des Sultan Murat Han, sage: Von diesem Tag an steht euer Leben, euer Besitz und eure Freiheit unter meinem Schutz.“ Hatte nicht der Gesandte Gottes genauso gehandelt, als er Mekka einnahm?

Verehrte Muslime,

so wie zur Zeit der Eroberung Istanbuls, leiden auch heute in vielen Teilen der Welt vor allem Muslime unter Unterdrückung und Ungerechtigkeit. Dahingegen wurden einen Tag nach der Eroberung überall in der Stadt die Weisung Fatihs verlesen, mit der die Freiheit jedes Einzelnen garantiert wurde. Die Bevölkerung, die sich versteckt hielt, wurde aufgefordert, wieder aus ihren Verstecken hervorzutreten. Denn ihr Leben, ihr Besitz und ihre Würde wurde unter Schutz gestellt, weder ihre religiöse Freiheit noch ihre Traditionen und Sitten wurden angetastet, und dies alles wurde durch das osmanische Recht gewährleistet. Diese Versprechen wurden im Folgendem mit großer Sorgfalt eingehalten, so dass Jahrhunderte lang Menschen verschiedener Herkunft und Religion in Frieden zusammen leben konnten.

Verehrte Geschwister,

der Islam und seine Anhänger haben in der langen Geschichte des Islams nicht versucht, Länder zu erobern, um die Menschen zu versklaven und sie ihres Besitzes zu berauben, sondern um ihre Herzen zu erobern und der Gerechtigkeit zur Geltung zu verhelfen. So war es auch bei der Eroberung Istanbuls. Einer Religion, deren Ziel es ist den Menschen bewusst zu machen, dass sie alle Geschwister sind, werden auch ihre Anhänger nicht zuwiderhandeln. So ist es unsere Aufgabe, uns für Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit einzusetzen. Alternativen anzubieten, die die Menschen zur Glückseligkeit führen und zum Frieden verhelfen.

IGMGIrschadabteilung

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