Gemeinschaft

Fünfjähriges Jubiläum der IGMG-Opfertierkampagne in Indonesien

10. Dezember 2008

Das diesjährige fünfköpfige IGMG-Team der Opfertierkampagne mit drei Helfern aus Deutschland (Zafer Erten, Adem Soyyigit und Vahit Bilmez) sowie Sefa Varsan aus Australien und ich aus England, traf am Samstag Nachmittag (6. Dezember 2008) am Flughafen Soekarno in Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens ein.

Die Planungen für den achttägigen Aufenthalt hatten bereits Monate vorher angefangen. Nach einem letzten Vorbereitungstreffen am Flughafen mit Vertretern der PKPU sofort nach der Landung teilte sich das Team wie geplant in zwei Gruppen.

Die Aceh-Gruppe angeführt von Zafer Erten blieb bis Dienstagmorgen in Jakarta und beging auch dort das Eid-Gebet am Montag mit zehntausenden Gläubigen in der Hauptmoschee von Jakarta, der Istiklal-Moschee im Beisein des Präsidenten von Indonesiens, Susilo Bambang Yudhoyono. Anschließend verteilte das Team wie bereits in den letzten zwei Jahren die Opfertierspenden an die Armen und Notleidenden in den Slums der Fünfzehnmillionen Stadt. Der erste Standort war das von ständigen Überflutungen geplagte Armenviertel Penjaringan. Hier wurden auch kleine Geldspenden in Briefumschlägen an besonders Notdürftige verteilt. Im Anschluss fuhr das Team zur städtischen Mülldeponie ins Dorf Bentar Gebang, wo ca. 1.000 Menschen leben und ihr Einkommen durch die Sortierung und den Verkauf von Plastiken, Metallen und anderen Wertstoffen bestreiten.

An beiden Standorten führt unsere Partnerorganisation insbesondere Gesundheitsprojekte durch, jedoch sind diese Bemühungen nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein, da sich an der Gesamtsituation nichts verändert hat. Diese Menschen sind wie Günther Wallraff die türkischen Gastarbeiter der achtziger Jahre in Deutschland in seinem Buch „Ganz Unten“ beschrieb, nur dass es den Menschen in Bentar Gebang noch viel schlechter geht. Sie sind die klaren Verlierer der Globalisierung.

Jedoch gibt es auch positive Zeichen. In Bantar Gebang wird Resa, die einzige Studentin des Dorfes, seit der ersten Begegnung vor zwei Jahren von Milli Gorus mit einem Stipendium gefördert. Und mit Hilfe der PKPU konnte sie eine Hütte in ein Bildungslabor umgestalten, wo sie an mehreren Nachmittagen der Woche an die jüngeren Kinder des Dorfes Nachhilfeunterricht erteilt. Diese Einrichtung stellt die einzige Hoffnung für die nächste Generation dar, um diesem Elend zu entkommen.

Die Aceh-Gruppe ist am 9. Dezember nach Banda Aceh gereist und hat dort den zweiten Tag des Opferfests zusammen mit den Waisenkindern des IGMG Waisenheims, das nach dem Tsunami erbaut wurde, gefeiert. Dabei haben sich die Kinder wahrscheinlich sehr über die neue Schuluniform und die Schulausrüstungen gefreut, die das Team mitgebracht hatte. Am Mittwoch steht dem dreiköpfigen Team eine siebenstündige Autofahrt in die von dem Tsunami fast vollständig zerstörte Stadt Meulaboh bevor, um auch den dortigen Menschen Trost und Opfertierfleisch zu überbringen. Am Freitag wird sich die Gruppe zurück nach Jakarta begeben.

Die Papua-Gruppe, bestehend aus Adem Soyyigit und mir, flog noch am Samstagabend nach Lombok, um am nächsten Morgen im Auto Richtung Ost-Lombok zu fahren. Auch hier wurde das Eid-Gebet mit mehreren tausend Muslimen begangen. Anschließend wurden die von den europäischen Muslimen gespendeten Opfertiere geschächtet und akribisch genau in 1,5 Kilogramm Portionen abgewogen und verpackt. Es wirft sich die Frage auf, warum lediglich 1,5 Kilogramm Opfertierfleisch in die IGMG-Plastiktüten getan wurden, wo doch über 70 Rinder von der IGMG in Indonesien geschächtet wurden. In der Tat ist es für den normalen Europäer nur eine kleine Menge Fleisch, jedoch gibt es für dieses Vorgehen drei Hauptgründe. Zum einen stellt diese Menge Fleisch einen signifikanten Teil eines Monatsgehalts in Indonesien dar und zum anderen wird hiermit eine größere Zahl von Familien mit einer Fleischportion versorgt, womit sie  zumindest zum Opfertierfest ein besonderes Mahl herrichten können. Jedoch ist der Hauptgrund für diese Entscheidung der Gerechtigkeitssinn. Mehrere Dörfer wurden von uns Helfern aufgesucht und im Vorfeld Coupons an die Menschen verteilt. Für jede Familie mit einem Coupon wurde eine IGMG-Tüte vorbereitet. Jede Familie sollte ihren fairen Anteil erhalten.

Trotz mehrfacher Versicherungen und Ankündigungen durch Lautsprecher, dass es genug Fleisch für alle Dorfbewohner gibt, konnte man bereits nach einigen Minuten absehen, dass die Menschen im Dorf Bamonokan besorgt waren, leer auszugehen. Nur unter großen Anstrengungen und Sicherheitsvorkehrungen konnte die Verteilung des Opfertierfleisches und der Geldspenden durchgeführt werden. Nach mehreren Stunden unter der prallen Sonne war auch die letzte IGMG-Tüte verteilt. Unser Dank ging an das gesamte lokale Hilfsteam, das ein großes Chaos verhindern konnte. Dieses Verhalten der Menschen spricht für sich, nämlich wie wichtig eine kleine Portion Fleisch in ihrem Leben ist. Anschließend bekamen auch die Kleinen leuchtenden Augen beim Anblick der Süßigkeiten, die sie bekamen. Zum Ende betete das gesamte Dorf für das Wohlbefinden der Spender und bedankte sich herzlich bei Milli Gorus für die Anteilnahme an ihren Problemen und ihre Unterstützung, trotz der mehreren tausend Kilometer, die zwischen Europa und Indonesien liegen. Der Gouverneur der Provinz Lombok-Ost, Sukiman Azmi, lud das IGMG-Team in seine Residenz zu einem kurzen Gespräch ein, nachdem er von der Hilfskampagne des IGMG-Teams erfahren hatte. Beim Abschied sagte er: „Sie haben die Strapazen der langen Reise auf sich genommen und sind von der anderen Seite der Erde bis in die Dörfer unserer Provinz in Lombok-Ost gereist, um das Opferfest mit uns zu begehen und meine Mitbürger mit Opfertierspenden zu beschenken. Dies ist ein großer Akt der Nächstenliebe. Vielen Dank an Ihre Organisation und die Spender in Europa. Möge Allah Sie dafür belohnen.“

Noch am gleichen Abend setzte das Papua-Team ihre Reise fort und flog die ganze Nacht, inklusive zweier Zwischenstopps, um nach Jayapura der Provinzhauptstadt von West-Papua, den östlichsten Teil Indonesiens, zu gelangen. Dort wurde die Opfertierkampagne sofort nach der Ankunft um 6:00 Uhr am Dienstagmorgen fortgesetzt. Noch am selben Tag ist das Team weiter nach Wamena geflogen, um am Mittwochmorgen im Dschungel von Papua, an die Menschen Opfertierspenden zu verteilen. Auf der Rückreise wird das IGMG-Team zusammen mit der PKPU  und mit Vertretern der Papua Muslim League zusammentreffen und das Grundstück für das nächste IGMG-Projekt begutachten. Geplant ist der Bau eines Studentenwohnheims in Jayapura für die Ureinwohner Papuas, die hauptsächlich in Wamena wohnen und ein Studium in der Provinzhauptstadt nicht finanzieren können, was jedoch unumgänglich ist, um den sozialen Aufstieg der muslimischen Papuanesen zu ermöglichen. Die IGMG war zum ersten Mal in 2007 im Rahmen der Opfertierkampagne 2007 nach Papua gereist und hatte damals den Kontakt mit der Papua Muslim League aufgenommen und sich ein Bild von der Lage dort gemacht.

Nach dem Papua-Projekt steht am Donnerstag auf der Rückreise nach Jakarta ein Abstecher in Jogjakarta an, wo im November 2007 das medizinische Zentrum der IGMG feierlich eröffnet worden war. Jogjakarta wurde im Mai 2006 von einem verheerenden Erdbeben getroffen.

Am Samstagabend steht dann zum Abschluss der diesjährigen Opfertierkampagne ein Abendessen mit dem gesamten PKPU-Team, den Abgeordneten des indonesischen Parlaments und den Vertretern der lokalen und internationalen Institute und Organisationen an. Dieses Abendessen wurde letztes Jahr eingeführt und soll sich mit der zweiten dieser Art zu einer Tradition weiterentwickeln und die Freundschaft zwischen den europäischen und indonesischen Muslimen zelebrieren. Dieses Jahr wird auch das fünfjährige Jubiläum der Kooperation zwischen der IGMG und der PKPU gefeiert.

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