Pressemitteilung

Erklärung zur Studie zur „muslimischen“ Jugendkriminalität – Die Ergebnisse bestimmt die Politik

09. Juni 2010

Auch wenn es eine gewisse Diskrepanz zwischen den Inhalten des Berichts und der medialen Rezeption gebe, so liege die Verantwortung dafür wiederum bei dem KFN. „Durch das Herstellen von Scheinzusammenhängen zwischen Religion, Integration und Gewalttätigkeit legt das KFN die Basis für den Verdacht, der Islam sei ein Nährboden für Gewalt“, sagte Üçüncü. „Eine Relation zwischen unterschiedlichen Zahlen kann man nicht schon dadurch herstellen, indem man sie einfach nebeneinander stellt.“

Dabei sei sich das KFN der Schwäche der eigenen Studie sehr wohl bewusst: „Der Studie fehlt es an jeglicher Aussagekraft. Aussagen zu Ursachen und Wirkungen fehlen vollständig. Selbst das KFN weist auf diesen Mangel immer wieder hin. Dennoch kann es sich nicht zurückhalten, auf vermeintliche Zusammenhänge hinzuweisen und Interpretationen anzubieten. Dabei könnte man mit der gleichen Methode die Auswirkungen von Stoff- und Jeanshosen auf die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen untersuchen. An der Qualität der Studie würde sich nichts ändern“, sagte Üçüncü. In der Studie wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man mit den zugrundeliegenden Daten „zwangsläufig keine eindeutigen Ursache-Wirkungsbeziehungen nachweisen“ könne (Studie S. 91). Dafür sei die Studie als Querschnittsuntersuchung nicht geeignet.

Üçüncü verwies zudem auf den Auftraggeber der Studie: „Es ist das Bundesinnenministerium, das die Fragestellungen formuliert hat. Es hat vorgegeben, „šwelche Themenfelder aus politischer Perspektive von besonderem Interesse sind und welche Schwerpunktsetzung zwischen den einzelnen Themen erfolgen‘ (Studie S. 7) sollen. Die Studie wird sicherlich eines der Arbeitsfundamente für die zweite Islamkonferenz sein. Das KFN hat in der Studie sogar schon die Fragen an die muslimische Seite formuliert. Die in der DIK verbliebenen Teilnehmer sollten sich diese vielleicht schon einmal zu Gemüte führen“, riet Üçüncü.

„Die Definitionen für Begriffe wie „šIntegration‘ und „šReligiosität‘ sind sehr problematisch. So wird von den Jugendlichen mit Migrationshintergrund einerseits erwartet, dass sie sich als „šDeutsche‘ verstehen, in der Studie werden sie jedoch durchgehend unter der Kategorie „šnicht-deutsche‘ zusammengefasst (vgl. S. 12). Auch die Vorstellung von Religiosität ist in der Studie geprägt vom Christentum. Mit den Religiositätsvorstellungen im Islam haben sich die Autoren anscheinend nicht beschäftigt“, stellte Üçüncü fest.

„Auch die Erwartung an Jugendliche mit Migrationshintergrund, für einen guten Integrationsgrad möglichst viele deutsche Freunde vorzuweisen, wird bereits in der Studie relativiert. Wenn deutschen Jugendlichen türkische Nachbarn am unangenehmsten sind, muss die Frage nach den fehlenden sozialen Kontakten wohl aus einer anderen Perspektive gestellt werden. Die Studie erwähnt diesen Umstand jedoch nur beiläufig am Rande“, sagte Üçüncü (vgl. S. 54-55).

Mit dieser Studie sei nicht nur „noch nicht ausreichend belegt, dass der Islam für die dargestellte Problematik direkt verantwortlich gemacht werden kann“(Studie S. 129). „Die Studie kann dieses Vorurteil nicht einmal im Ansatz untermauern“, sagte Üçüncü. „Die Studie blendet viel näherliegende Erklärungsansätze wie den sozialen oder wirtschaftlichen Hintergrund der Jugendlichen aus. Während das KFN in einer früheren Studie den Besuch der Hauptschule als einen eigenständigen Verstärkungsfaktor der Jugendgewalt identifiziert hat (vgl. Studie S. 131), wird diesem eigenen Ergebnis hier keine Beachtung mehr geschenkt“, so Üçüncü. Stattdessen werde wieder nur gefragt, „in welchem Ausmaß die religiöse Erziehung durch den Islam Mitverantwortung [an der Jugendgewalt] trägt“ (Studie S. 131)

Eine unrühmliche Rolle nehme schließlich Rauf Ceylans Imam-Studie in der Studie des KFN ein. „Die stark auf Sicherheits- und Integrationsaspekte fokussierte Studie Ceylans dient den Autoren des KFN als Steigbügelhalter zur vermeintlichen Identifizierung der Ursache des Übels in Person der in Deutschland aktiven Imame. So kann das KFN schon jeden Moscheebesuch als einen Akt der Desintegration darstellen“, sagte Üçüncü weiter(vgl. Studie S. 130).

„Wer den Verlauf und die Ergebnisse der ersten DIK verfolgt hat, den dürften diese Ergebnisse nicht verwundern. Die Studie führt geradewegs zu den Ergebnissen, die das BMI schon in der ersten Phase immer wieder als Annahmen formuliert hat. Nun wird das BMI in der Islamkonferenz sich auf diese vermeintlichen Ergebnisse stützen, die sie aber offensichtlich über die Auswahl von Themenfeldern und Fragestellungen bereits vorgegeben hat“, stellte Üçüncü abschließend fest.

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