Freitagspredigt
Die Rechte der Nachbarn
03. Februar 2022Verehrte Muslime!
Eine gute Nachbarschaft ist von großer Bedeutung. Deshalb gibt es im Islam Prinzipien, die das Nachbarschaftsverhältnis und damit den gesellschaftlichen Frieden fördern. Diese Grundsätze stärken das gute Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen in der Gesellschaft, unabhängig davon, welche Religion, Sprache oder Herkunft sie haben.
Für Muslime ist dieses Zusammenleben zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Eine der Grundlagen hierfür ist der folgende Koranvers: „Und dient Allah und setzt ihm nichts an die Seite. Und seid gut zu den Eltern, den Verwandten, den Waisen, den Armen, dem Nachbarn, sei er einheimisch oder aus der Fremde, zu den Freunden, den Reisenden und zu denen, welche ihr von Rechts wegen besitzt. Siehe, Allah liebt nicht den Hochmütigen, den Prahler.”[1]
Liebe Geschwister!
Dort, wo die Rechte der Nachbarn geachtet werden, können Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion respektvoll und friedlich zusammenleben. Das ist möglich, weil das Nachbarschaftsrecht, als unverzichtbarer Bestandteil der islamischen Ethik, das Verhalten der Menschen formt. Unser Prophet Muhammad ﷺ sagte: „Dschibrîl hörte nicht auf, mich zu ermahnen, den Nachbarn gut zu behandeln, sodass ich dachte, er würde ihn zum Erben erklären.“[2]
Verehrte Muslime!
Vor allem dort, wo Muslime als Minderheit leben, repräsentiert jeder einzelne Muslim den Islam. Was wir sagen und was wir tun, betrifft nicht nur uns selbst, sondern muss auch mit dem Islam in Einklang stehen. Denn alles, was wir tun, ob gut oder schlecht, wird dem Islam zugerechnet.
Das gilt natürlich auch für unser Verhältnis zu unseren Nachbarn. Uns sollte bewusst sein, dass die Art der Beziehung zu unseren Nachbarn die Meinung der Menschen über uns wesentlich mitprägt. Unsere Nachbarn, welcher Religion oder Richtung sie auch immer angehören mögen, haben das Recht, gut behandelt zu werden, alleine deshalb, weil sie unsere Nachbarn sind.
Ihre Probleme zu teilen, uns mit ihnen zu freuen und ihnen zu helfen, all das sind Ibâdas, die von Allah angenommen werden. Unser Prophet ﷺ hatte in Medina jüdische Nachbarn. Er war immer auf ihre Rechte bedacht. Sogar als das Fleisch der Kurbanopfer verteilt werden sollte, sagte er zu Aîscha (r): „Fang bei unseren jüdischen Nachbarn an.“[3]
Verehrte Muslime!
Unser Prophet ﷺ sagte: „Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, darf seinen Nachbarn nicht schlecht behandeln.“[4] Das heißt, dass die gute Nachbarschaft zum Îmân gehört. Die guten Beziehungen zu unseren Nachbarn werden uns Allah näherbringen. Sie werden es auch möglich machen, dass unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft in Frieden zusammenleben.
Möge Allah uns zu jenen gehören lassen, die die Rechte ihrer Nachbarn achten und ihrer Verantwortung nachkommen. Âmîn.
[1] Sure Nisâ, 4:36
[2] Buhârî, Adab, 28
[3] Kurtûbî, al-Dschâmi al-Ahkâm al-Kur’ân, V, 188
[4] Buhârî, Adab, 31 (VIII, 13); Muslim, Îmân, 75