Freitagspredigt
Die Privatsphäre
16. August 2024Verehrte Muslime!
Leider ist es heutzutage üblich geworden, vieles von sich öffentlich preiszugeben. Es scheint keinen Maßstab dafür zu geben, was privat und was öffentlich ist. Was besser im Privaten bleiben sollte und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, gehört zur Privatsphäre. Diese hängt vor allem mit unserem Verständnis von Hayâ und Adab zusammen, die wir von unserem Propheten (s) gelernt haben. Einmal sah der Prophet (s), wie ein Mann an einem öffentlichen Ort die große Gebetswaschung, also Gusl, vornahm. Kurz darauf stieg er auf die Kanzel und sagte: „Allah ist der Sanftmütige, er ist derjenige, der Scham besitzt und die Fehler verdeckt. Er liebt die Schamhaftigkeit und das Verdecken. Wenn jemand von euch sich wäscht, soll er es an einem Ort tun, der ihn verdeckt, (d.h. dort, wo ihn niemand sieht).“[1]
Private Angelegenheiten öffentlich preiszugeben, ist schamlos. Aber leider werden vor allem über die sozialen Medien viele private Dinge in die Öffentlichkeit getragen. Dieses Verhalten geht sogar so weit, dass die Privatsphäre der Familie preisgegeben wird. Die Dinge, die uns persönlich betreffen, sollten bei uns bleiben, und die Dinge, die unsere Familie betreffen, sollten in unserer Familie bleiben.
Liebe Geschwister!
Im Islam wird die Notwendigkeit, die Privatsphäre anderer zu respektieren, im folgenden Koranvers deutlich gemacht: „Bespitzelt euch nicht und redet nicht hinter dem Rücken schlecht übereinander!“[2] Unser Prophet (s) wies auch darauf hin, dass es falsch ist, private Gegenstände anderer ohne Erlaubnis zu benutzen, indem er sagte: „Wer den Brief eines Bruders ohne dessen Erlaubnis liest, gleicht einem, der das Feuer angesehen hat.“[3] Das heißt: Wir dürfen die Privatsphäre der Menschen nicht verletzen. Denn absolut jeder Mensch hat das Recht auf seinen eigenen privaten und unantastbaren Bereich.
Verehrte Muslime!
Der privateste und intimste Bereich des Menschen ist ohne Zweifel sein Zuhause. Unser Zuhause ist der Ort, an dem wir alleine oder mit unserer Familie leben. Im Koran sagt Allah über diesen Bereich: „O ihr Gläubigen! Betretet nicht Häuser, die nicht eure sind, bevor ihr um Erlaubnis gebeten und ihre Bewohner begrüßt habt. Dies ist besser für euch; vielleicht bedenkt ihr dies.“[4] Wenn wir ein Haus betreten, gefällt es Allah, wenn wir es mit Anstand betreten und grüßen. Unser Prophet (s) sagte: „Es ist nicht erlaubt, dass jemand ohne Erlaubnis in das Haus eines anderen hineinschaut. Wenn er hineinblickt, hat er (das Haus) betreten…“[5] Das heißt, sogar unsere Blicke dürfen nicht in die Privatsphäre anderer eindringen.
Möge Allah uns zu denjenigen zählen, die sowohl ihre eigene Privatsphäre als auch die der anderen schützen. Âmîn!
[1] Nasâî, Gusl, 7
[2] Sure Hudschurât, 49:12
[3] Abû Dâwûd, Witr, 23
[4] Sure Nûr, 24:27
[5] Tirmizî, Salah, 148