Pressemitteilung
BVerwG-Entscheidung gegen die Einbürgerung eines IGMG-Funktionärs ist widersprüchlich
03. Dezember 2009„Damit setzt das Revisionsgericht die falsche Praxis des VGH, die Vergangenheit und die Gegenwart der IGMG fast ausschließlich durch die Verfassungsschutzbrille zu sehen, weitestgehend fort. Die Bewertungen der Verfassungsschutzämter beruhen alleine auf der Zurechnung IGMG-fremder Inhalte. Weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart hat die IGMG verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Von Mitgliedern und Funktionären zu erwarten, sich von dieser behördlicherseits konstruierten Verfassungsfeindlichkeit zu distanzieren, liefert diese Menschen der Willkür der Sicherheitsbehörden aus“, kritisierte Ücüncü.
Leider werde mit der Entscheidung der bisherigen Praxis der Sicherheitsbehörden Vorschub geleistet, die vermeintlich stichhaltigen Vorwürfe gegenüber der IGMG und ihren Mitgliedern nicht zu konkretisieren und es bei abstrakten Bewertungen zu belassen. Dem Einzelnen werde außer der Mitgliedschaft in der IGMG keine eigene verfassungsfeindliche Einstellung nachgewiesen. „Hier muss dann aber gefragt werden, wem in der IGMG das überhaupt vorgeworfen werden kann“, fragte Üçüncü. „Auch dem Kläger in diesem Fall wurden keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen in seiner Person vorgeworfen. Trotzdem wird von ihm verlangt, dass er sich von einer Einstellung distanziert, der er zu keiner Zeit nachgegangen ist.“
Nach Ansicht des Gerichts wäre der Kläger zu einer Zeit Funktionär gewesen, zu der die IGMG oder ihre Vorläuferorganisationen zweifellos verfassungsfeindliche Tendenzen vorgewiesen hätten. Das Revisionsgericht baut damit auf der Tatsachenfeststellung des VGH Mannheim auf. Diese war jedoch nur mit Verweis auf Verfassungsschutzberichte zu solch einer Erkenntnis über die Vergangenheit der IGMG gekommen. Dabei hatte der VGH im selben Urteil festgestellt, dass den Verfassungsschutzberichten nur ein verminderter Beweiswert zukommen kann. Inhaltlich taugen weder die frühere, noch die heutige Verfassungsschutzberichterstattung als Beleg, um der IGMG eine verfassungsfeindliche Einstellung vorwerfen zu können. Darüber hinaus gibt es in der IGMG keine Flügelbildung. Weder der IGMG als Ganzes noch Teilen der IGMG kann eine verfassungsfeindliche Einstellung vorgeworfen werden.
Nach Ansicht des Gerichtes hätte ein Teil der Mitglieder und Funktionäre bei der IGMG heute einen „freiheitlichen-demokratischen Reformkurs“ eingeschlagen. „Wenn der Kläger eine solche Wandlung glaubhaft macht, hat er einen Anspruch auf Einbürgerung. Hierfür ist der Austritt aus der sich inzwischen im Umbruch befindlichen IGMG nicht erforderlich“, hieß es in der Mitteilung des Gerichts. Beim Kläger hätte das VGH jedoch nicht feststellen können, dass er sich von „alten, verfassungsfeindlichen Werten und Zielen der Milli-Görüs-Bewegung abgewandt“ habe. Dass er solch eine Einstellung gehabt haben soll, gründet jedoch nur auf der Fiktion, als altes Mitglied der IGMG müsse er dies zumindest in der Vergangenheit getan haben. In der Person des Klägers konnte der VGH nämlich außer seiner Mitgliedschaft keine verfassungsfeindlichen Handlungen und Einstellungen feststellen.
Da sich der Kläger nicht von alten Einstellungen abgewandt, auch nicht explizit dem vermeintlichen Reformflügel zugewandt und keine Äußerung in diese Richtung getan habe, müsse er sich die alte Bewertung der IGMG abstrakt zurechnen lassen. Die Frage, ob er persönlich diesen Einstellungen jemals anhing und ob es insoweit in seiner Person Einstellungen gab, von denen er sich abwenden müsste, lies das Gericht unberücksichtigt.