Pressemitteilung

Beten für die afghanische Zivilbevölkerung

08. Oktober 2001
  • Osama bin Ladens Aufforderung nicht islamisch
    • Gleichzeitig Maßnahmen gegen das Feindbild Islam notwendig

Die Führung der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) erklärte angesichts der angelaufenen Militäraktion gegen Stellungen der Taliban, dass man dafür betet, dass Zivilisten nicht zu Schaden kommen. Dass die ersten Meldungen dies bestätigten, sei ein Quell der Hoffnung. Die Spirale der Gewalt gegen Zivilisten dürfe sich nicht weiter drehen.

Osama bin Ladens Kategorisierung der Christen und Juden als Ungläubige widerspricht der Position des Korans. Christen und Juden sind genauso Gläubige wie Muslime auch. Einen Aufruf, Christen und Juden zu bekämpfen, kann es islamischerseits nicht geben. Im Gegenteil: Muslime sind verpflichtet, den Frieden zu erhalten und andere Menschen, insbesondere Christen und Juden, zu schützen. Durch bin Ladens Aufruf fühlen wir uns nicht angesprochen, gleichsam erkennen wir ihm die Legitimation für die Muslime zu sprechen – wie beinahe alle Muslime auf dieser Welt – ab.

Außerordentlich besorgniserregend ist das weitere Erstarken des Feindbildes Islam. Undifferenzierte Medienberichte und unqualifizierte Äußerungen mancher Politiker schüren weiterhin das Feindbild Islam. Neben der Anti-Terror- Kampagne muss es eine Kampagne gegen das Feindbild Islam geben. Andernfalls droht die Verallgemeinerung, ‚Islam gleich Gewalt‘ und ‚Muslim gleich Gefahr‘. Das Resultat wären zunehmende Diskriminierungen der Muslime, die früher oder später in Frustration und anderen Folgen endet.

Der unberechtigte Vorwurf des Extremismus gegenüber unserer Gemeinschaft ist eine Gefahr für sich. Wenn friedliebende muslimische Wohnbevölkerung zu 100.000den sprachlich mit Terroristen gleichgesetzt werden, werden Rechtsextremisten zu Gewalt gegen Moscheen und Gläubige geradezu ermuntert und die Hoffnung der Mitglieder als Muslime in dieser Gesellschaft akzeptiert zu werden, zunichte gemacht. Auf diesem Nährboden können Probleme erwachsen, welche die jetzigen Befürchtungen um die innere Sicherheit in den Schatten stellen. Gerade wir haben durch unsere Einrichtungen und unsere Jugendarbeit stets einen großen, aber nie gewürdigten Beitrag zur inneren Sicherheit geleistet. In Zeiten der Krisen wie bei den Anschlägen von Mölln und Solingen und auch heute waren und sind es die Gemeinden der IGMG, die deutlicher als alle anderen zur Besonnenheit und zu rechtsstaatlichem Verhalten aufgefordert haben.

Die Politik dieses Landes muss den Dialog mit den Muslimen organisieren und die gesellschaftliche Integration vorantreiben. Die Muslime in ihrer überwiegenden Mehrheit und besonders die IGMG, waren und sind stets zu so einem Dialog und zur Mitarbeit an Integrationsprogrammen bereit. Die berechtigte Grundvoraussetzung, nämlich das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung dieses Landes läuft bei uns offene Türen ein. Das Abtun solcher Bekundungen als Lippenbekenntnisse ist beleidigend und dumm. Der richtige Weg wäre, uns beim Wort zu nehmen und im Zweifel konkret aufzuzeigen, wo wir denn eines der Elemente der freiheitlich demokratischen Grundordnung ablehnten.

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