Gemeinschaft

Abrahams Symbol in der Gegenwart – Opfertierkampagne in Arakan/Burma

18. Dezember 2005

Menschen in Not zu helfen, ist eine fundamentale Verpflichtung eines jeden Muslims. Ein Muslim kann nicht wegsehen, wenn in seiner unmittelbaren Umgebung Unrecht oder Not herrscht. Viele Suren des Koran leiten uns dazu an, hilfsbereit und spendabel zu sein. Der Prophet Mohammed (Friede sei mit Ihm) verurteilte all die Menschen, die tatenlos einem Unrecht zusehen oder einem offensichtlichem Hilferuf nicht nachkommen. „Abends mit vollem Bauch ins Bett zu gehen während der eigene Nachbar hungert, ist genauso verhöhnt, wie jemandem ein Leid zuzufügen, das man selbst nicht erfahren möchte“.

In einem weiteren Hadis fordert unser Prophet die Menschen dazu auf, anderen das zu geben, was man auch für sich selbst beansprucht. Diese und viele andere Rechtleitungen aus den Hadisen und Suren sind prägend für den Charakter eines Muslims. Letztendlich kann ein Muslim nicht wegschauen, wenn sich Ungerechtigkeiten vor seinen Augen abspielen, er verschließt niemals seine Ohren, wenn ein Hilferuf zu hören ist und er hilft und unterstützt jeden, der Hilfe braucht und benötigt.

Der Prophet Mohammed (saw) wurde aufgrund von Intoleranz, Intrigen und Feindseligkeiten der Einheimischen gegenüber den Muslimen aus seiner Geburtsstadt Mekka vertrieben. Er musste die Hidschra vollziehen und begab sich mit seinem Begleiter Abu Bakir nach Medina. Die Menschen in Medina empfingen die vertrieben Muslime aus Mekka mit offenen Armen. Jede Familie aus Mekka kam bei einer Gastfamilie in Medina unter. Die Muslime teilten alles. Menschen, die selbst nur wenig hatten, teilten auch dieses Wenige mit den Menschen, die nichts hatten. Ein einmaliges Beispiel in der Geschichte der Menschheit.

Beistand zu geben, wenn man selbst Beistand braucht. Zu teilen, auch wenn man selbst nicht genug hat. Gottvertrauen in allen Lebenssituationen. In jeder Situation seine Gottergebenheit unter Beweis stellen… Das ist die große Aufgabe und auch die große Prüfung, der wir jeden Tag ausgesetzt sind.

Abraham hat diese Prüfung bestanden, als er seine Bereitschaft zum Opfern zeigte. In seiner unerschütterlichen Gottergebenheit und seinem Vertrauen in Allah war er in seiner Absicht ehrlich und fromm. So sollte er dann auch nur noch ein Schaf, nicht mehr den Sohn opfern.

Zum Gedenken an diesen Augenblick, in dem das größte Vertrauen und die größte Ergebenheit in der Menschheitsgeschichte gegenüber Allah demonstriert wurde, ist es für jeden Muslimen zur Pflicht geworden, für Allah ein Opfertier zu erbringen.

Das Opfern ist eine religiöse Pflicht für die Muslime. Das Fleisch soll dabei an hilfsbedürftige und notleidende Menschen verteilt werden. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs sammelt in einer einzigartigen Kampagne den Gegenwert eines Opfertieres ein und bringt diese weltweit in über 60 Ländern zu den armen und hungernde Menschen dieser Welt.

In den letzten beiden Jahren war ich für die Koordination der Hilfsaktion in Burma/Arakan zuständig. Bis zu diesem Einsatz waren mir die Probleme der Rohingyas (so werden die muslimischen Einwohner von Arakan genannt) gar nicht bewusst. Die Rohingyas leiden schon seit über 60 Jahren unter den Repressalien und den Zwangsmaßnahmen des Militärregimes in Burma. Zahlreiche Organisation wie die UNO und die Humanitären Hilfsorganisationen beklagen die Menschenrechtsituation in Burma. Insbesondere werden die systematische Vergewaltigung von Frauen und die Zwangsarbeit angeprangert. Alle Bevölkerungsgruppen leiden unter dieser Willkür des Militärs. Obwohl das Land politisch gegenüber der Außenwelt isoliert ist, sind doch einige westliche Firmen in Burma aktiv und beuten die Bodenschätze dort aus. Neben diesen vereinzelten wirtschaftlichen Aktivitäten ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle des Regimes. Die Einwohner von Burma werden gezwungen, in den großen Bauvorhaben der Regierung zu arbeiten. Die lokalen Minderheiten in den Grenzgebieten sind großen Repressalien der örtlichen Militärangehörigen ausgesetzt. Da das Regime nicht genug Mittel hat, um seine eigenen Soldaten ausreichend zu versorgen, erheben die örtlichen Kommandeure willkürlich Steuern und Abgaben.

Arakan ist eine Küstenregion im Süden von Burma, im Norden grenzt Arakan an Bangladesch. 1978 und 1992 führte das Militärregime große Militäroperationen in Arakan durch. Aufgrund dieser Operationen sind hunderttausende Rohingyas nach Bangladesch geflohen. Eine Rückführaktion der UNO wurde 1994 beendet, nach dem sich viele Rohingyas weigerten nach Arakan zurück zu kehren, da die Repressalien dort auch heute noch anhalten. Seit 1994 leben Tausende von Rohingyas in Flüchtlingslagern im Süden von Bangladesch.

Als ich 2004 das erste Mal das Flüchtlingslager in Teknaf betrat, habe ich mich gewundert, wie ich bisher nicht von diesem Leid der Rohingyas Kenntnis nehmen konnte. Das Lager in Teknaf gleicht einer Müllhalde, einer Müllhalde auf der Menschen entsorgt wurden. In diesem Lager ist alles ein Problem.

Obwohl Bangladesch selbst sehr unterentwickelt ist, geben sie dennoch diesen Menschen Unterstützung und gewähren ihnen Asyl. In der Umgebung von Cox-Bazar gibt es auch noch einige Flüchtlingslager die von der UNCHR verwaltet werden. In diesen Lagern ist die Situation besser als in Teknaf. In den Lagern der UNHCR werden zumindest regelmäßig Rationen an Verpflegung und anderem Notwendigen verteilt. Die Flüchtlinge in diesen Lagern sind das Überbleibsel der Militäraktion von 1992 und werden deswegen als „Politische Flüchtlinge“ anerkannt. Den Rohingyas außerhalb der UNCHR Lager fehlt dieser Status. Sie sind Menschen ohne einen gesicherten Status und ohne ein Recht, Menschen die einfach nur vergessen wurden.Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs hat die Rohingyas nicht vergessen. Jedes Jahr bekommen die Rohingyas unsere Hilfe und Unterstützung. Ich habe die Spenden der Muslime in Deutschland im Rahmen der Opfertierkampagne 2004 und 2005 zu den Rohingyas gebracht. Menschen ohne Zukunft und Hoffnung haben erlebt, dass es irgendwo in Europa jemanden gibt, der an sie denkt. Traurige Kinderherzen hatten zumindest einen Moment der Freude. Hunger und Trauer waren für eine kurze Zeit verschwunden. Die Spenden wurden zu einer Beistandsbekundung für die Rohingyas. Die Menschen spürten die Liebe, die ihnen mit diesen Spenden überreicht wurde.

Wir haben während der Hilfsaktion 2005 an ca. 5000 Rohingyas Fleisch und andere Hilfe verteilt. Unser Ziel ist es noch mehr Hilfe zu den Rohingyas zu bringen.

Bitte helfen sie uns, diesen Menschen zu helfen. Unterstützen sie uns in unserem Vorhaben, den Rohingyas ein wenig mit unserer Liebe und Hilfe beizustehen. Auch wenn es nur für einen kurzen Augenblick ist, sollten diese Menschen doch die Brüderlichkeit und das Mitgefühle spüren, die sie mit ihrer Spende an diese senden.

Zeigen sie Ihren Beistand und hören sie endlich die leise Stimme der Rohingyas…

Nihat Köse

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