Freitagspredigt
Hutba: Das islamische Neujahr 1444
28. Juli 2022Verehrte Muslime!
Heute Abend beginnt für Muslime das Jahr 1444. Möge es der gesamten muslimischen Welt und der Menschheit nur Gutes bringen. Mögen die Armen und Bedürftigen, die Benachteiligten und Unterdrückten mehr Hilfe und Unterstützungen erfahren. Nach islamischer Tradition wird das Neujahr nicht so ausschweifend gefeiert wie in manchen anderen Kulturen. Stattdessen blickt man zurück auf das vergangene Jahr und betet für ein gutes neues Jahr. Die Gläubigen danken Allah für die Gabe des Lebens. Sie nehmen sich vor, ihren Glauben von Neuem zu stärken und orientieren sich dabei an dem Grundsatz: „Wenn zwei aufeinander folgende Tage sich gleichen, ist das ein Verlust.“
Liebe Geschwister!
Im Koran weist Allah auf die Bedeutung der Zeit hin. In der Sure Asr heißt es: „Bei der Zeit! Der Mensch kommt bestimmt ins Verderben, außer denen, die glauben und Gutes tun und sich gegenseitig zur Wahrheit anhalten und sich gegenseitig anhalten zur Geduld.“[1] Uns Gläubigen obliegt es, dem Willen unseres Schöpfers zu folgen. Wer den Wert der Zeit erkennt, wird sich bemühen, genau das zu tun. Möge Allah uns zu denjenigen gehören lassen, die ihren Nafs zurechtweisen und ihren Geist stärken. Möge er uns zu Gläubigen machen, die den Islam gebührend leben.
Verehrte Muslime!
Die Hidschra unseres Propheten ﷺ von Mekka nach Medina, die Auswanderung, wurde zur Zeit des Kalifen Umar (r) als Beginn der islamischen Zeitrechnung festgelegt. Das zeigt uns, dass die Hidschra eine große Rolle in der Geschichte des Islams spielt. Das Wort Hidschra bedeutet sinngemäß einen Ort zu verlassen, um an einen anderen auszuwandern. Der tiefere Sinn aber ist, dass sich jemand von etwas räumlich, sprachlich oder von Herzen trennt und sich davon entfernt. Wenn wir die Hidschra also aus spiritueller Sicht betrachten, ist ein Gläubiger immer im Zustand der Hidschra. Er wendet sich immerzu vom Schlechten ab und dem Guten zu. Dieser Zustand der Hidschra wird bis zum jüngsten Tag andauern. „Ein Gläubiger ist jemand, vor dem die Menschen im Hinblick auf ihr Leben und ihr Eigentum sicher sind. Ein Auswanderer hingegen ist jemand, der sich von allem Schlechten und Sündhaften entfernt, er ist jemand, der die Hidschra vollzieht.“[2]
Liebe Geschwister!
Wir Muslime blicken jedes Jahr auf unsere Taten zurück, machen Pläne für die Zukunft und bemühen uns weiterhin, aufrichtige Diener Allahs zu sein. Das islamische Neujahr ist für uns ein Anlass, über die Hidschra von Mekka nach Medina nachzudenken. Heute sollten wir, genauso wie die Ansâr, also die Helfer, damals, den Flüchtlingen die Arme öffnen. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass der wahre Muhâdschir, also der Auswanderer, derjenige ist, der für Allah das Schlechte aufgegeben hat.
Möge Allah uns zu denjenigen gehören lassen, die den Wert der Zeit erkennen und ihre Lebenszeit auf dem Weg zu ihm verbringen.
[1] Sure Asr, 103:1-3
[2] Buhârî, Îmân, 4