Freitagspredigt
Das Anrecht der Menschen
08. Mai 2015Verehrte Muslime!
Die „Anrechte der Menschen“ sind im Islam umfassend. Für dessen Überschreitung muss mit einer bitteren Bestrafung im Jenseits gerechnet werden. Denn Allah ist barmherzig und verzeihend, doch er vergibt nicht, wenn jemand das Anrecht eines anderen verletzt. Zu den Anrechten der Menschen gehören das Recht auf Leben, Eigentum und Vermögen, Gesundheit, Ehre, und Rechtssicherheit. Die Anrechte beginnen dort, wo ihre Rechte verletzt werden.
In der Sure Bakara heißt es: „Und bringt einander nicht betrügerisch um Hab und Gut, und bestecht damit nicht die Richter, um einen Teil des Vermögens der Leute widerrechtlich an euch zu bringen, obwohl ihr es (besser) wisst.“[1]
Zu den Vergehen gegen die Anrechte der Menschen zählen auch Mord, Diebstahl und Ehebruch. Ebenso stellen Handlungen wie die falsche Zeugenschaft, Verleumdung, Verspottung, üble Nachrede und unterlassene Hilfeleistung eine Verletzung der Rechte der Menschen dar.
Verehrte Muslime!
Wie gesagt, vergibt Allah die Verletzung der Anrecht nicht. Nur die Menschen, deren Anrecht verletzt wurde, kann dies tun. Um Vergebung zu erlangen, muss man also diese Menschen aufzusuchen und sich bei ihnen zu entschuldigen, den angerichteten Schaden begleichen, seine Tat bereuen und Allah um Vergebung bitten. Wenn dies nicht geschieht, so wird der betreffende Mensch, mag er noch so rechtschaffen und gottesfürchtig gewesen sein, im Jenseits zu den Verlierern zählen. Hierzu sagte unser Prophet: „Ruiniert ist derjenige, in dessen Buch am Tag der Abrechnung viele Verdienste wie Gebete, Fasten und Zakat eingetragen sind, der aber anderen vielfach geschadet hat. Seine Verdienste werden an die Inhaber der Anrechte verteilt. Sind diese aufgebraucht, bevor die Anrechte ausgegli-chen sind, werden ihm auch die Sünden der Inhaber der Anrechte aufgebürdet und man wirft ihn in die Hölle.“[2]
Verehrte Muslime!
Der Tod und der Tag des Gerichts sind Wirklichkeit. Wir sollten daher stets auf unser Verhalten und unsere Worte achten und nicht zu leichtfertig mit den Anrechten unserer Mitmenschen umzugehen. Den Tag der Abrechnung vor Augen sollten wir uns von den Ansprüche der Menschen läutern, bevor unsere Zeit um ist. Die Sünden und gewiss auch die Anrechte der Menschen sind große Lasten. Es ist dringend notwendig, dass wir uns dieser Lasten, bevor wir die letzte Station unseres Lebens erreichen, entledigen.
Unser Prophet sagte diesbezüglich: „Derjenige, der eine begangene Sünde bereut und Gutes tut, ist so wie jemand, der einen sehr engen Schutzpanzer angezogen hat. Tut er nach der Sünde etwas Gutes, so wird einer der Riemen des Panzers gelöst. Tut er noch etwas Gutes, so wird ein anderer Riemen gelöst. Tut er noch etwas Gutes wird ein weiterer Riemen gelöst. Infolge der guten Taten fällt der Panzer schließlich ab.“[3]
Liebe Geschwister!
Am besten ist es, ein Problem erst gar nicht entstehen zu lassen. Wir sollten die Anrechte der Menschen erst gar nicht auf uns laden. Unser Leitsatz sollte sein: Sage nichts und tue nichts, für das du dich später entschuldigen musst! Wenn wir aber einen Fehler gemacht haben, dann lasst uns aufrichtig bereuen und unsere Mitmenschen, deren Rechte wir verletzt haben um Vergebung bitten. Sollten wir diese Person oder ihre Nächsten nicht erreichen können, sollten wir in ihrem Namen wohltätig sein und Duâs für sie sprechen. So können wir hoffen, die Vergebung Allahs zu erlangen.
[1] Sure Bakara, 2:188
[2] Muslim, Birr, 77; Hadith Nr. 2581
[3] At-Targîb wa at-Tarhîb, IV/106