Pressemitteilung
Ein Hoh(n)Mann!!
07. November 2003Hell schrillten die Alarmglocken in der Parteizentrale der Christdemokraten in Berlin auf, nachdem öffentlich bekannt wurde, dass der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann in seiner „traditionellen“ Rede zum 3.Oktober mal nicht zu den Themen Asylanten, Ausländer und Sozialmissbrauch referiert hatte, sondern seine besondere Sicht zur jüngsten europäischen Geschichte zum besten gegeben hat. In seiner unverwechselbaren Art Dinge auf den „rechten“ Punkt zu bringen, bezeichnete Herr Hohmann die Juden, angesichts ihrer Rolle bei der russischen Revolution als „Tätervolk“. Fast einen Monat hat es gedauert, bis Konsequenzen gezogen wurden. Und Angela Merkel hat hart durchgegriffen: Eine Rüge, die Abberufung aus dem Innenausschuss des Bundestages und eine öffentliche Erklärung über die Unerträglichkeit der Äußerungen. Jetzt kann der Hohmann im Ausschuss für Reaktorsicherheit mal darüber nachdenken, was er denn falsch gemacht hat.
Falsch gemacht?? Einsicht?? Fehlanzeige bei einem Mann, der nicht zum ersten Mal durch seine rechtspopulistischen Ausfälle öffentliches Interesse erweckt. Partei und Parteifreunde haben diese Haltung billigend in Kauf genommen. Warum denn auch nicht. Er und Leute wie er bedienen ganz bewusst „rechte“ Wählerklientel, um Parteien wie der NPD und den Republikanern das Wasser abzugraben. Die politischen Konsequenzen für die Unionsparteien waren absehbar. Und angesichts der „milden“ Strafen, die seitens der Parteiführung ausgesprochen werden, ist deutlich geworden, dass Männer wie Hohmann zu festen Größen in der Partei aufgestiegen sind. Noch wichtiger ist, dass die CDU Führung sich erst genötigt sah einzugreifen, als die „Rote Linie“ Anti-Semitismus überschritten wurde. Ausfälle gegen Muslime und den Islam in Deutschland aus gleichem Mund blieben trotz unerträglichen Vorwürfen wie : „Muslime nutzen unseren demokratischen Gesetze um uns zu beherrschen“ unkommentiert. Man ließ und lässt Politiker wie Hohmann gewähren und erhofft sich dadurch die Stimmungshoheit über den deutschen Stammtischen.
Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer, mit weitreichenden Konsequenzen für das politische Gefüge in Deutschland. Denn die Diskussion um die Ausführungen Hohmanns zeigt, dass er sich in „bester“ Gesellschaft befindet. So bestärkt ihn der inzwischen von seinen Pflichten entbundene KSK Brigadegeneral Günzel sich nicht durch Anwürfe aus dem vorwiegend linken Lager beirren zu lassen und mutig weiterhin Kurs zu halten und bescheinigt ihm eine ausgezeichnete Ansprache gehalten zu haben, ‚wie man sie‘, so der O-ton des Generals, ‚mit diesem Mut zur Wahrheit und Klarheit in unserem Land nur noch sehr selten hört und liest.‘
Abgeordnete, Anwälte, ehemalige Generalbundesanwälte, Richter, Manager, Generäle, usw“¦ Berufsgruppen und Menschen die so gar nicht in das Bild eines „dumpfen“ Rechtsextremen passen. Sie machen „rechte“ Positionen salonfähig und beeinflussen als sogenannte „Neue Rechte“ die politische Sprache der Unionsparteien. Eine insbesondere für die in Deutschland lebenden Minderheiten beängstigende Entwicklung. Haben ihre Vertreter doch immer die Gefahr die von „Rechts“ kommt, beschworen und die politisch Verantwortlichen aufgefordert, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Doch statt sich dieser Gefahr zu widmen, hat man die letzten Jahre darauf verwendet, Gefahren dort zu suchen, wo es keine gibt, nämlich unter den in Deutschland lebenden Muslimen. Mit der Konsequenz, dass fast das gesamte Augenmerk der Innenbehörden auf die Muslime gerichtet wurde. Die Folgen sind fatal: Erst im letzten Moment konnten terroristische Strukturen im rechten Spektrum aufgedeckt werden, die Zunahme rechtsextremer Gewalt wurde praktisch ignoriert und Ausfälle von Politikern gegen Minderheiten gehören inzwischen zur Tagesordnung. Alle Appelle an die politisch Verantwortlichen, in den Volksparteien nicht auf Kosten von Minderheiten innenpolitische Themenfelder zu besetzen, verhallten ungehört. Und so steht man nun vor einem Scherbenhaufen. Es bleibt zu hoffen das die Ereignisse der letzten Wochen dazu beitragen werden, dass ein Prozess des Umdenkens und Einlenkens einsetzt.
Zurecht bestehen Parteien, Organisationen und Institutionen darauf, dass Einzelmeinungen von Personen nicht mit ihrem öffentlich bekundeten Selbstverständnis gleichgesetzt werden. Glaubwürdig ist dies aber nur, wenn im Falle eines Falles konsequent durchgegriffen wird und strukturelle Maßnahmen ergriffen werden, die Wiederholungen verhindern. Wer es, wie jetzt Angela Merkel, „nur“ bei Rügen belässt und Abgeordnete wie Herrn Hohmann in der Fraktion behält, wird zum einen die „Geister die sie rief“ nicht mehr los und riskiert einen nachhaltigen Schaden für ihre Partei und das demokratische Gefüge in der BRD.
Oğuz Üçüncü