Freitagspredigt
Hutba: Die Wahl Ägyptens respektieren
12. Juli 2013Verehrte Muslime,
Allah hat den Menschen in bester Weise erschaffen. Im Unterschied zu den anderen Geschöpfen wurden ihm Vernunft und ein freier Wille gegeben. Dies ist ein Zeichen für den Wert des Menschen bei Allah und seine besondere Stellung unter seinen Geschöpfen.
Vernunft und Willensfreiheit ermöglichen uns Menschen, nachzudenken, zu verstehen und uns frei für oder gegen etwas zu entscheiden. Solange wir dabei nicht die Rechte anderer verletzten, muss die Entscheidung geachtet und respektiert werden. Gleichzeitig müssen wir uns mit unserer Entscheidung vor Allah und den Menschen verantworten.
Dies verdeutlicht unser Herr im Koran, wenn es dort heißt: „Und wer Gutes (auch nur) im Gewicht eines Stäubchens getan hat, wird es sehen. Und wer Böses (auch nur) im Gewicht eines Stäubchens getan hat, wird es sehen.“ (Sure Zalzala, 99:7-8)
Liebe Geschwister,
vor einem Jahr hat das ägyptische Volk in einer freien Wahl seinen Präsidenten gewählt und damit eine Entscheidung für seine Zukunft getroffen. Damit hat die ägyptische Bevölkerung die große Bedeutung und den Wert freier Wahlen gezeigt.
Doch anstatt die Entscheidung der Ägypter zu respektieren, hat es kaum ein Jahr gedauert, bis der Staatspräsident durch einen Militärputsch abgesetzt wurde. Dem Chaos, den Krisen und Sicherheitsproblemen wurde damit wieder Tür und Tor geöffnet. Aus dem ägyptischen Frühling droht wieder ein Winter zu werden.
Dabei wissen wir alle: Wer sozialen Frieden und gesellschaftliche Einheit erreichen möchte, muss die Entscheidung des Volkes respektieren. Gesellschaftlicher Fortschritt führt über die Achtung der religiösen, sozialen und kulturellen Werte der Bevölkerung. Sich gegen den Willen des Volkes zu stellen ist nichts anderes als Gewalt und Zwang.
Deshalb muss die Wahl der ägyptischen Bevölkerung akzeptiert werden. Der rechtmäßig gewählte Staatspräsident muss sein Amt ausüben können. Die Ägypter sollen ihre Zukunft selbst bestimmen können, damit wieder Frieden im Land einkehren kann.
Außerdem muss erneut festgestellt werden, dass Werte wie Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Wahlfreiheit für alle Völker gültig sind. Diejenigen, die das nicht klar zur Sprache bringen und die Ereignisse ein Ägypten nicht einmal als Putsch bezeichnen, zeigen nur, dass hier mit doppeltem Maß gemessen wird. Dabei ist der Putsch eine offensichtliche Ungerechtigkeit. Wer schweigt, verliert seine Glaubwürdigkeit.
Verehrte Muslime,
wir Muslime glauben an eine Religion, für die das Leben eines einzelnen Menschen genauso wertvoll ist wie das der gesamten Menschheit. Es gibt keine Werte, die mit Waffengewalt erzwungen werden könnten. Doch jeder Anfang ist schwer und vergleichbar mit dem Sprudeln des Wassers aus einer jungen Quelle. Möge der gesegnete Ramadan Anlass für Frieden in der Welt sein.
IGMG Irschadabteilung