Pressemitteilung
20 Jahre Solingen: Die Familie Genç zum Vorbild nehmen
28. Mai 2013„Es gibt nur wenige Ereignisse, die auch nach zwei Jahrzehnten so in Erinnerung bleiben, als wäre es gestern passiert und es gibt nur ganz wenige Menschen, die über ihren persönlichen Schmerz und ihre Trauer hinauswachsen. Der Brandanschlag von Solingen ist so ein Ereignis und die Familie Genç ist das beste Beispiel für Größe und Güte. Trotz des Verlustes von fünf engsten Familienmitgliedern setzen sie sich unermüdlich für ein friedliches Miteinander ein. Das verdient höchsten Respekt und Anerkennung.
Ihr Einsatz ruft uns in Erinnerung, worauf es in einer pluralistischen Gesellschaft ankommt: alle Menschen als gleichwertige und gleichberechtigte Individuen zu betrachten und die Gemeinschaft zu fördern. Das Gegenteil davon sind gruppenbezogene Ausgrenzung, Stigmatisierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Das waren mit die Gründe dafür, wieso die Täter von Solingen überhaupt Feuer legten. Berieselt von einer undifferenziert und rechtspopulistisch geführten Migrationsdebatte, legten sie den Brand in dem Irrglauben, für eine vermeintliche untätige bzw. schweigende Mehrheit zu handeln.
Und obwohl Solingen ein Warnsignal sein sollte, beobachten wir heute noch, wie solche Debatten gezielt angestachelt, geschürt und geführt werden. Mal sind es die Muslime, mal Juden, mal Armutszuwanderer aus dem Osten, mal Flüchtlinge aus Afrika. Das Muster dabei ist immer ähnlich und die Folgen ebenso: Anpöbelungen, Ausgrenzungen, Diskriminierungen, tätliche Angriffe und sogar gezielte Brandanschläge auf Wohnhäuser und Moscheen oder Morde an vermeintlich fremden Menschen. Leider sind wir auch im 20. Jahr des Brandanschlags von Solingen nicht so weit, dass wir sagen können: „šSo etwas wird sich nicht wiederholen.‘ Im Lichte der NSU-Morde und des Versagens der Sicherheitsbehörden vor dem rechten Terror, sind wir sogar in höchstem Maße beunruhigt.
Umso mehr müssen wir heute alle Kraft und Energie für das Gemeinsame, für das friedliche Miteinander einsetzen. So sind wir aufgefordert, uns die Familie Genç zum Vorbild zu nehmen. In einem ihrer Interviews wurde Frau Genç gefragt, woher sie ihre Kraft und Geduld schöpfe. Sie antwortete: „šVon meinem Glauben an Gott.‘ Dem ist nichts hinzuzufügen.“