Pressemitteilung
Internationaler Tag der Muttersprache: Muttersprache ist kein Gut zweiter Klasse
21. Februar 2012„Seit dem Jahr 2000 begeht die UNESCO den Internationalen Tag der Muttersprache zur Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit. Historisch nimmt dieser Tag Bezug auf den 21. Februar 1952. Damals fand in Dhaka eine Demonstration gegen den Beschluss der Regierung statt, die Sprache Urdu zur Amtssprache zu erheben. Urdu wurde aber nur von etwa 3 Prozent der Bevölkerung gesprochen, während über 56 Prozent der Gesamtbevölkerung Bengali als Muttersprache pflegten. 1971 erklärte Ost-Bengalen nach neunmonatigem Bürgerkrieg seine Unabhängigkeit von Pakistan. Landessprache im neuen Staat Bangladesch war fortan Bengali.
Diese Geschichte ist lehrreich und mahnend zugleich. Heute werden rund 6.000 Sprachen gesprochen. Allerdings führt der UNESCO-Atlas für bedrohte Sprachen gegenwärtig 2.474 Sprachen auf. Darunter befinden sich auch 230 Sprachen, die seit 1950 verschwunden sind. Und mit jeder dieser verlorenen Sprache geht auch ein gutes Stück Kulturgut verloren. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Sprachenvielfalt und den Gebrauch der Muttersprache zu fördern und das Bewusstsein für sprachliche und kulturelle Traditionen zu stärken.
Im Zuge der Integrationsdebatten wird aber leider oft der Eindruck vermittelt, als handele es sich bei der Muttersprache um ein Gut zweiter Klasse. Wenn von Sprachkompetenzen die Rede ist, ist der Blick leider nur noch darauf gerichtet, welche Sprache am nützlichsten im Beruf und Alltag ist. Dabei wird übersehen, dass Sprache nicht nur ein Verständigungs- und Kommunikationsinstrument ist, sondern auch ein verbindendes Element auf emotionaler Ebene, das die Persönlichkeit des Individuums ausmacht und damit eng verbunden ist.
Sprache ist auch ein jeweils einzigartiges, über Generationen gewachsenes Reservoir an menschlichen Erfahrungen und Kenntnissen. Verschwindet eine Sprache, verliert die Weltgemeinschaft ein Stück Wissen über sich selbst. Das Bewahren von Sprachen bedeutet stets auch eine Anerkennung der Werte und der Identität. Eine Grundvoraussetzung für das Zusammenleben und Gedeihen der Vielfalt.“