Pressemitteilung

Doppelmoral aufgeben und islamfeindlichen Rassismus endlich ernst nehmen!

19. September 2011

„Mit Verwunderung und Entsetzen nehmen wir als Vertreter islamischer Religionsgemeinschaften zur Kenntnis, dass die Bundesregierung in puncto Schutz unserer Verfassungsordnung mit zweierlei Maß misst und offensichtlich auf dem rechten Auge blind agiert. So führt sie in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Linkspartei über islamfeindliche Internetportale aus, dass selbst“š strafrechtlich relevante Äußerungen … nicht zwangsläufig Ausdruck einer extremistischen und damit zugleich verfassungsschutzrelevanten Bestrebung sein müssen‘ und der Verfassungsschutz“š kein Instrument der Gesinnungsüberwachung‘ sei.

Das hier offenbarte Gefahrenverständnis überrascht insofern, als dass die Gesinnungsüberwachung im Zuge einer exzessiven Präventionspolitikgegenüber den in Deutschland lebenden Muslimen quasi schon zum normalen Arbeitsalltag der Sicherheitsbehörden gehört. Während sich die Maßnahmen gegen Muslime auschließlich auf Vorfeldkonstruktionen und vorgebliche Radikalisierungsszenarien, nach denen bereits die Stärkung der Religiösität bei Muslimen einen Schritt zur möglichen Radikalisierung darstellen könnte, stützen, sollen im islamfeindlichen Spektrum sogar strafrechtlich relevante rassistische Äußerungen nicht zwangsläufig Ausdruck einer extremistischen Gesinnung sein. So der Standpunkt der Bundesregierung zum islamfeindlichen Internetportal ‚Politically Incorrect‘ (PI). Zwar würden dort zugegebenermaßen antimuslimische und rassistische Inhalte reingestellt, das „šArgumentationsmuster‘ sei jedoch nicht klassisch rechtsextremistisch, sondern eher islamkritisch. Kurios dabei ist, dass die menschenfeindliche Hetze durch diese Medien als „šAusdruck von Ängsten vor Überfremdung‘ bezeichnet und damit fast schon legitimiert wird, ohne auch nur deutlich zu machen, dass der Begriff „šÜberfremdung ein zentraler Kampfbegriff des Rechtsextremismus ist.

Die gleiche Logik zeigt sich im verbalen Umgang der Bundesregierung mit dem Attentäter von Oslo und Utoya, Anders Behring Breivik. Der Mörder von 77 Menschen wird als „širrational handelnder, fanatisierter Einzeltäter‘ bezeichnet. Dabei legt sie in ihrer Antwort größten Wert darauf, nicht zu erwähnen, dass der Täter unter anderem aus islamfeindlichen Motiven heraus gehandelt hat und sein gestörtes Weltbild und sein Manifest größtenteils aus Internetseiten zusammengestellt hat, die ähnliche Inhalte wie PI verbreiten. Stattdessen wird auch hier ausgeführt, dass der Täter in seinem Manifest Nationalsozialismus und Antisemitismus ablehnt und deshalb nicht in das klassische Muster des Rechtsextremismus passt.

Der Bundesregierung müsste es durchaus bewusst sein, dass es völlig irrelevant ist, ob diese islamfeindlichen Bestrebungen in den klassischen Rechtsextremismusbegriff subsumiert werden können. Systematisch begangene Rechtsverstöße und offenener (Kultur-)Rassismus, der gegen das friedliche Zusammenleben gerichtet ist, darf nicht ohne strafrechtliche Verfolgung bleiben. Regierung und Gesetzgeber sind gehalten, die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden durch Anpassung unzureichender Instrumente in die Lage zu versetzen, dieser neuen gesellschaftlichen Gefahr adäquat zu begegnen. Und wenn die bisherigen Instrumente (Rechtsextremismusbegriff) nicht passen, müssen neue her.

Dabei muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass reflexartige Rufe nach mehr Überwachung und Repression durch Sicherheitsbehörden kein Allheilmitteil darstellen, sondern oft unterdrücken, dass die eigentliche Gefahr des Kulturrarrismus mit der breiten Zustimmung in der Mitte der Gesellschaft begründet ist. Gerade dies darf nicht ignoriert werden.

Die Bundesregierung muss endlich erkennen, dass Islamfeindlichkeit eine sicherheitpolitische und vielmehr eine gesellschaftspolitische Herausforderung darstellt, die sich zunehmend breitmacht und sich nicht mehr nur in Worten ausdrückt.“

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